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Anregungen für die kommunale Daseinsvorsorge geholt


Claudia Schuhmann20. März 2017 
16:10 Uhr
Aktualisiert am: 
24. März 2017 
03:45 Uhr

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Der Landtagsabgeordnete Klaus Adelt (SPD-Fraktion, Sprecher für kommunale Daseinsfürorge, links) war zu Besuch im Eibelstadter Unternehmen LHG. Neben ihm (v.l.) MdL Volkmar Halbleib, Anja Roggenbuck, Bernd Weykopf und Thomas Dörfelt (alle LHG). Foto: Claudia Schuhmann

Wenn Klaus Adelt von Kolonialwarengeschäften erzählt, dann weiß er, wovon er redet. Bis 1984 führte er gemeinsam mit seiner Mutter selber eines, später wurde er Bürgermeister der oberfränkischen Stadt Selbitz. Jetzt sitzt Adelt für die SPD im bayerischen Landtag und ist dort in seiner Fraktion Sprecher für kommunale Daseinsfürsorge. Die Probleme des ländlichen Raums sind sein Spezialgebiet, und aus diesem Grund hatte ihn sein Landtagskollege Volkmar Halbleib nach Eibelstadt eingeladen.

Die beiden SPD-Politiker diskutierten über das Thema „kommunale Daseinsvorsorge“ mit Bürgermeistern und Allianzmanagern aus dem Landkreis Würzburg, zuvor aber schaute sich Klaus Adelt im Eibelstadter Unternehmen LHG um.

Kleiner Großhändler

Die Lebensmittelhandels-GmbH beliefert als „kleiner Großhändler“ unter anderem Tankstellen, aber auch Lebensmittelgeschäfte auf dem Lande, hauptsächlich im nordbayerischen Raum sowie in Baden-Württemberg, Südthüringen, Sachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Zur LHG gehören die „Um's Eck“-Franchise-Märkte, von denen es beispielsweise in Sommerhausen einen gibt.

Von den Geschäftsführern Thomas Dörfelt und Bernd Weykopf erhoffen sich Halbleib und Adelt Anregungen aus der Praxis: „Was funktioniert? Und was muss die Politik wissen?“ fragt Halbleib. Zum Beispiel dieses: Gibt es in einem Ort keine Einkaufsmöglichkeit, ziehen junge Familien nicht dort hin. Das weiß Thomas Dörfelt aus Gesprächen mit vielen Bürgermeistern. Da können die Immobilienpreise noch so niedrig sein. Und nicht einmal die alten Menschen blieben auf den Dörfern wohnen, wenn sie sich dort nicht mehr versorgen könnten.

Notfalleinkäufe reichen nicht

Dennoch bestehen Dörfelt zufolge solche Möglichkeiten. Ein kleines Lebensmittelgeschäft könne durchaus funktionieren, wenn ihm nicht große und preiswertere Konkurrenten in unmittelbarer Nähe das Wasser abgraben, sagt der Geschäftsführer. Wichtig sei aber, dass alle Einwohner hinter dem Geschäft stünden und es auch tatsächlich nutzten, so Vertriebsleiterin Anja Roggenbuck. Denn von „Notfalleinkäufen“, etwa der vergessenen Sahne für den Sonntagskuchen, kann kein Einzelhändler leben. Das weiß auch Klaus Adelt aus eigener Erfahrung.

Die Marktleiter stünden außerdem nicht selten vor dem Problem des Neids, berichtet Anja Roggenbuck. Schon der Kauf eines Autos könne an den Mitbürgern nagen, die dann das Gefühl hätten, dem Inhaber mit ihren Einkäufen teure Anschaffungen zu ermöglichen. Wie hart und zeitaufwendig diese Arbeit ist, gerät dabei in den Hintergrund.

Das andere Konzept sind Dorfläden, die durch eine gemeinschaftliche Initiative im Ort entstehen und von Ehrenamtlichen betrieben werden. Thomas Dörfelt warnt aber davor, das operative Geschäft komplett in die Hand der Ehrenamtlichen zu legen. Zu kompliziert ist die Thematik, und nicht selten geht den anfangs sehr engagierten Ehrenamtlichen nach einer Weile einfach die Puste aus. „Der Marktleiter muss aus dem Gewinn finanziert werden“, fordert Dörfelt.

Und was kann die Politik da tun? Soll die Daseinsvorsorge eine kommunale Aufgabe werden, so wie Klaus Adelt das verlangt? „Das heißt ja nicht, dass der Bürgermeister Pampers verkaufen soll“, tritt er einer häufig vorgebrachten Vorstellung entgegen.

Bürgschaft oder Anschub-Finanzierung

Die öffentliche Hand sei in der Tat wichtig, bestätigt Thomas Dörfelt. Sie könne Dorfläden auf die Beine helfen, etwa, indem die Kommune zu Beginn die Miete zahlt. Oder das Land zeichnet Anteilsscheine, übernimmt eine Bürgschaft für Darlehen oder ermöglicht eine Anschub-Finanzierung.

Volkmar Halbleib hält die kleinen Geschäfte dann für überlebensfähig, wenn sie verschiedene Funktionen bündeln, zum Beispiel eine Poststelle integrieren. Thomas Dörfelt geht noch einen Schritt weiter und wünscht sich die Eingliederung eines Apotheken-Service. Für Anja Roggenbuck ist ein Dorfladen auch der ideale Standort für einen Bankautomaten. Zudem könne es sinnvoll sein, dem örtlichen Bäcker oder Metzger dort eine Verkaufsstelle einzurichten, so dass die Geschäfte nicht in Konkurrenz zueinander treten.

Volkmar Halbleib erhofft sich auch vom Abschlussbericht der Enquete-Kommission zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Bayern neue Erkenntnisse. Dieser soll im Sommer fertig sein und wird, so Halbleib, „das Gebetbuch für die nächste Legislaturperiode“ werden.

 

Quelle: Mainpost.de